Mit tiefer Trauer und mit großer Dankbarkeit nehmen wir von Papst Franziskus Abschied, der am Ostermontag diesen Jahres zum Vater heimgegangen ist. Bis zuletzt haben wir ihn als Seelsorger erlebt, der den Menschen nahe sein wollte – als ein Hirte, der mit den ihm Anvertrauten unterwegs ist. Er forderte uns heraus und gab uns ein Beispiel, unsere Komfortzonen zu verlassen und an die Ränder zu gehen, die Ausgegrenzten zu sehen und ihnen als Mitmenschen zu begegnen, die Verantwortung für unser gemeinsames Haus, die Erde, wahrzunehmen und Geschwisterlichkeit mit allen Menschen, Kindern des einen Vaters zu leben. Er war ein echter Brückenbauer, der die Begegnung und den Dialog suchte. Er war an seinem Gegenüber interessiert und hörte zu. Und er lud die ganze weltweite Kirche ein, in Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung den Weg der Synodalität zu gehen und sich vom Heiligen Geist führen zu lassen.
Manches wird uns unauslöschlich in Erinnerung bleiben:
• Die Feier der Abendmahlsgottesdiensts am Gründonnerstag in verschiedenen Gefängnissen, wobei er den Gefangenen die Füße wusch. Noch am Gründonnerstag diesen Jahres traf er – trotz seiner angeschlagenen Gesundheit – Insassen des römischen Gefängnisses Regina Coeli.
• Seine Reisen in Länder, in die nie zuvor ein Papst gekommen war. Zuletzt in die Demokratische Republik Kongo und den Südsudan, sowie in die Mongolei vor zwei Jahren, und dann nach Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur im vergangenen Jahr.
• Und seine erste Reise nach Lampedusa, wo er im Gedenken an die vielen Flüchtlinge, denen das Mittelmeer zum Grab geworden war, einen Kranz in die Wellen warf.
• Seine Begegnung mit Indigenen und den Schutz ihrer Kulturen und Lebensräume, den er immer wieder forderte.
• Das außerordentliche Jubiläumsjahr 2016, in dem er die Barmherzigkeit Gottes in den Fokus rückte.
• Und die runden Tische in der Audienzhalle, an denen sich die Teilnehmenden an der Weltsynode 2023 und 2024 auf Augenhöhe begegneten und miteinander das Hören auf den Geist einübten und praktizierten.
• Die einprägsamen Bilder, die er so oft verwendete: wenn er sich zum Beispiel zu Beginn seiner Amtszeit die Kirche als Feldlazarett vorstellte oder bekannte, dass ihm eine verbeulte Kirche lieber ist als eine verschlossene und bequeme, die sich um ihre eigene Sicherheit kümmert; wenn er mahnte, dass die Hirten den Geruch der Schafe annehmen müssten, oder wenn er die die Globalisierung der Gleichgültigkeit anprangerte.
Am 1. Februar diesen Jahres haben wir mit ihm noch die erste Vesper zum Tag des geweihten Lebens im Petersdom gebetet. Als er anschließend im Rollstuhl hinausgefahren wurde, konnte unsere Generaloberin Sr. Josephina D’Souza ihm noch kurz begegnen und ihn grüßen.
Zwei Wochen später, am 14. März, begab er sich zur Behandlung in die Gemelli-Klinik. Seit dem 24. Februar versammelten sich allabendlich viele Gläubige zum Rosenkranzgebet für den erkrankten Papst auf dem Petersplatz, und auch wir nahmen gelegentlich daran teil. Am 23. März wurde er endlich entlassen, doch blieb lange Zeit offen, ob er an den Gottesdiensten des österlichen Triduums teilnehmen könnte; die Ärzte hatten ihm empfohlen, zwei Monate keine öffentlichen Termine wahrzunehmen. Sein Gesundheitszustand verbesserte sich langsam, aber stetig. Zwar fehlte ihm sichtbar noch die Kraft, an den langen feierlichen Gottesdiensten teilzunehmen; doch zeigte er immer wieder durch überraschende kurze Besuche, dass er den Menschen nahe sein wollte: als er am 6. April am Ende der Messe zum Jubiläum der Kranken zu einem kurzen Besuch auf den Petersplatz kam oder eine Woche später zum Ende der Palmsonntagsmesse. Am Gründonnerstag ließ er es sich nicht nehmen, – wie gewohnt – bei Gefangenen zu sein. Und am Ostersonntag war bis zuletzt nicht klar, ob er nach dem feierlichen Hochamt den Segen Urbi et Orbi, der Stadt und dem Erdkreis spenden könne. Es war schon einige Minuten nach 12 Uhr, als er im Rollstuhl auf die Loggia des Petersdoms kam und mit schwacher, aber klarer Stimme der Menge wünschte: „Liebe Brüder und Schwestern, frohe Ostern!“
Nach Verlesung der von ihm vorbereiteten Osterbotschaft spendete er, mit kaum vernehmbarer Stimme den Segen Urbi et Orbi. Während die Ersten den Petersplatz schon verließen, kam unerwartet die Meldung, dass er Papst wünschte, auf den Platz hinunterzukommen, um den Menschen nahe zu sein. Und noch einmal drehte er im Papamobil eine Runde über den Petersplatz und bis an den Rand der versammelten Menge, in die Via della Consciliazine hinein, winkte den Menschen zu und ließ gelegentlich anhalten, damit Eltern im ihr kleines Kind zu Segen hinhalten konnten.
So kam für uns hier in Rom, genauso wie an vielen anderen Orten weltweit, die Nachricht völlig unerwartet und überraschend, oftmals in die Feier der Ostermontagsmesse hinein, dass er an jenem Morgen zum Vater heimgekehrt war.
Mit rund 12.000 Gläubigen versammelten wir uns am Abend zum Rosenkranzgebet für den Verstorbenen, das Kardinal Gambetti mit den Worten beschloss:
„O Gott, der du groß bist in der Liebe,
wende deinen Blick den Menschen zu, die zu dir beten:
Wir danken dir für die Gaben,
die der Kirche durch das apostolische Wirken von Papst Franziskus geschenkt wurden;
und ihm, der unter uns Zeugnis abgelegt hat
von deiner Zärtlichkeit für die Kleinen und die Armen,
von deiner Barmherzigkeit für die Sünder,
von deinem Wohlwollen gegenüber allen,
gewähre die Teilnahme an der Hochzeit des Lammes,
in Gemeinschaft mit der Jungfrau Maria, dem Apostel Petrus
und allen heiligen Männern und Frauen im Himmel.
Durch Christus, unseren Herrn. Amen.“
Sr. Adelheid Scheloske SAC
Fotos von: www.sac.info (1), VaticanMedia (1), Sr. Adelheid Scheloske SAC (5)