„Guten Morgen an all die vielen Familien am Petersplatz!“ Mit diesen Worten begann Papst Franziskus an diesem Mittwoch seine Generalaudienz für rund 40.000 Gläubige auf dem Petersplatz. Im Rahmen seiner Katechesenreihe über die Familie ging er diesmal auf den Aspekt der Erziehung ein; der frühere Lehrer an Jesuitenschulen betonte drei Punkte, die aus seiner Sicht für eine gute Erziehung nötig sind: Liebe, Feingefühl und Geduld.
In unseren Zeiten sei Erziehen nicht einfach, räumte der Papst ein: Viele Eltern bekämen ihre Kinder erst am Abend zu Gesicht, und dann seien sie allesamt müde. Kinder von getrennten Eltern hätten mit noch mehr Problemen zu kämpfen. Papst Franziskus bat getrennte Eltern eindringlich, ihre Kinder nicht in ihrem Streit zu instrumentalisieren:
„Ihr seid aus vielen Gründen getrennt. Das Leben hat euch vor diese Herausforderung gestellt. Aber es sind nicht die Kinder, die Schwierigkeiten in diese getrennte Lebenssituation bringen! Die Kinder sollten nicht als Geiseln benutzt werden, um den anderen Partner zu erpressen! Die Kinder sollen die Mutter und den Vater gut über den anderen Partner sprechen hören, auch wenn diese nicht mehr zusammen sind!“
So schwierig das auch sei – es sei wirklich wichtig, betonte der Papst. Das Risiko, dass Kinder in solchen Fällen für eine Seite gegen die andere vereinnahmt würden, bestehe und sei schwerwiegend.
Der Apostel Paulus – so fuhr der Papst dann fort – hebt in seinen Briefen die gegenseitigen Pflichten von Eltern und Kindern hervor. Grundlage des familiären Miteinanders ist nach Paulus die Liebe: „Sie sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach“ (1 Kor 13,5.7). „Das ist eine weise Regel: Der Sohn, der erzogen wird und den Eltern zuhört und gehorcht, weil sie ihn nicht herumkommandieren, in einer hässlichen Art, und weil sie die Kinder nicht entmutigen. Die Kinder müssen reifen, ohne entmutigt zu werden, Schritt für Schritt.“
Die Eltern sollten nicht zu viel von ihren Kindern erwarten, betonte der Papst. Sie sollten sich aber genauso wenig von der Erziehung fern halten. Sie müssten natürlich ihre Verantwortung auch auf andere, etwa die Schule, übertragen; einfach an andere abgeben könne man Kinder aber nicht. Dafür gab Papst Franziskus ein Beispiel aus seiner eigenen Schulzeit. Als er in der Schule zu seiner Lehrerin ein „böses Wort“ gesagt habe, meldete diese sein Verhalten gleich seiner Mutter. Die stellte ihn daraufhin zur Rede und erklärte ihm, dass sein Verhalten falsch war. „Sie hat mich dann darum gebeten, die Lehrerin um Verzeihung zu bitten. Das tat ich – und ich war zufrieden, weil die Geschichte damit ein gutes Ende hatte.“
Heutzutage würden die Eltern womöglich die Lehrerin attackieren, sagte der Papst und forderte daher die Zusammenarbeit der Eltern und der Institutionen für eine erfolgreiche Erziehung. Schließlich warb der Papst für eine Dialog-Kultur, die über die allgemeine Oberflächlichkeit hinausgehen sollte. Eine gute familiäre Erziehung sei so etwas wie das Rückgrat der Gesellschaft.
(rv 20.05.2015 no)
Photos von Sr. Beata Matuszewska