ST. JOSEPH’S SETTLEMENT
Proctor, Marshall Co, West Virginia
In den frühen 1850er Jahren kamen die ersten Einwanderer aus Bayern und Hessen auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und ihre Familien in Marshall Co, West Virginia, an. 1853 wurde ein Stück Land für eine Kirche gestiftet, und der erste hölzerne Bau wurde 1856 vollendet. Dieses Gebäude diente gleichzeitig als Schule. Die gegenwärtige Kirche stammt aus dem Jahr 1888. Die Kanzeln aus massivem Holz und die beiden Weihwasserbecken, die sich noch in der Kirche befinden, sind aus Holz gefertigt, das in Planwagen herbeigeschafft wurde.
Ursprünglich war die Ansiedlung auf Landwirtschaft ausgerichtet, aber später arbeiteten die meisten Menschen in der nahegelegenen Industrie und kamen erst abends nach Hause. „Die Menschen in St. Joseph sind sehr ortsbeständig. Viele der Gemeindemitglieder sind in dieser gleichen Kirche wie ihre Vorfahren getauft, haben dort geheiratet und wurden dort zum letzten Mal gesegnet, bevor man sie im benachbarten Friedhof zur letzten Ruhe bettete.“ (Sr. Vincentia Rogge)
Bis vor nicht all zu langer Zeit war die Ansiedlung relativ isoliert, da sie abgelegen, tief im Hügelland von Marshall County lag. Die ersten unbefestigten Wege durch die Gegend waren im Frühjahr nach starken Regenfällen und im Winter bei Schnee unpassierbar. Die Hauptstraße über Land wurde 1932 mit Kies befestigt und 1950 asphaltiert.
1922 wandte sich P. M. Bucheit auf Empfehlung von P. Hengers and die Missionspallottinerinnen und gewann sie für eine Unterrichtstätigkeit. Da sie selbst Deutschstämmig waren, fügten sie sich leicht in die deutsche Bevölkerung in der Ansiedlung ein. Die Schwestern Mary Bede Kurth und Ignatia Havers waren die ersten Lehrerinnen, Sr. Rita ________ führte den Haushalt.
Anfangs nahmen die Schwestern auch Kinder auf, die sich auf die erste Hl. Kommunion vorbereiteten. Sie bezahlten 50 Cent pro Tag für Unterkunft und Verpflegung. Die Jungen wurden im Rektorat untergebracht.
M. Cecilia aus dem Sacred Heart Hospital, Richwood WV hatte vertraglich sichergestellt, dass der Ortspriester sich um die geistlichen Bedürfnisse der Schwestern kümmern müsse. Die Gemeinde trug die Kosten für den Unterhalt des Hauses sowie ein Monatsgehalt von 30 Dollar. Dieser Vertrag wurde am 2. Juli 1923 unterzeichnet. (1933 wurde die St. Joseph-Schule zu einer öffentlichen Schule für das Gebiet von Marshall und Wetzel. Die Lehrer waren nun dem Staat zugeordnet. 1935 begann das Amt für öffentliche Erziehung des County Wetzel die Gehälter der beiden in der Ansiedlung unterrichtenden Schwestern zu bezahlen.)
Die Schule bewahrte viele Jahre lang ihre deutsche Identität. 1934 schrieb Basil Lickhart: „Das Vaterland der ersten Pioniere ist nicht vergessen, da die deutsche Fahne neben der amerikanischen hängt. In der Tat werden bis heute manche Texte auf Deutsch und manche auf Englisch rezitiert.“
Auch wenn sie starke Bindungen nach Deutschland pflegten, waren die Menschen in der Ansiedlung loyale Amerikaner. Aus dem Dienst im 1. Weltkrieg brachten sie stolz 32 Orden zurück, einer davon in Gold. 1944 berichtet die Hauschronik, dass „an jedem dritten Sonntag im Monat 51 Kerzen auf dem Seitenaltar brennen, eine Kerze für jeden jungen Mann aus St. Joseph, der beim Militär Dienst tut.“
1928 erhielten Sr. Ignatia und Sr. Ludwiga die amerikanische Staatsbürgerschaft. Die Fahrt nach Wheeling dauerte drei Tage, da sie in einem kleinen Wagen fahren mussten.
Der Winter 1934 war der kälteste Winter seit Menschengedenken. Im Januar sank die Temperatur während zweier Wochen auf 0 Grad oder darunter, und der Schnee war so tief, dass der Pfarrer und die Schwestern im Schnee festsaßen. Die Nachbarn versorgten sie mit Milch, Butter und selbst gebackenem Brot, so dass sie zu essen und zu trinken hatten.
Am 17. Mai 1937 kam P. J.P.T. Holzmer, ein gebürtiger Deutscher und Pfarrer in der Ansiedlung von St. Joseph, in einem Autounfall bei Ivydale, Clay Co, WV, ums Leben. Die Gemeinde hielt am Donnerstag, 20. Mai, eine die ganze Nacht dauernde Gebetswache bei seinem Leichnam in der Kirche ab. Am Freitag wurde die Messe als feierliches Pontifikalamt gefeiert. Die Erstkommunionkinder, denen er am Tag vor seinem Tod die erste Hl. Kommunion gegeben hatte, gingen in der Prozession bei der Beerdigung mit, und die Schulabgänger, die eigentlich von ihm ihre Zeugnisse hätten empfangen sollen, standen trauernd dabei. P. Holzmer wurde auf seinen eigenen Wunsch auf dem Friedhof von St. Joseph begraben. Ein großes Denkmal wurde errichtet, das den sterbenden gekreuzigten Jesus, seine Mutter und den Hl. Johannes zeigt.
Viele Jahre lang gingen die Schwestern dreimal täglich von ihrem Konventsgebäude den Hügel zur Kirche hinauf, um die Angelusglocke zu läuten. 1971 wurde ein automatisches Läutwerk installiert.
In späteren Jahren wurde das Schulwesen in Marshall Co. stark ausgebaut, und viele neue Schulen wurden errichtet. Aufgrund dieses Ausbaus und einer personellen Knappheit zogen sich die Schwestern im Juni 1978 aus St. Joseph zurück.
Zwei Frauen aus der Ansiedlung wurden Pallottinerinnen: Betty Frohnapfel wurde Sr. Roberta, und Lucy Blatt wurde Sr. Fidelis. Sr. Roberta arbeitete in der Verwaltung, und Sr. Fidelis war als Pädagogin tätig.
Eine in Deutschland geborene Schwester, Sr. Vincentia Rogge, unterrichtete 30 Jahre lang in der kleinen Schule, und nach Beendigung ihrer Lehrtätigkeit arbeitete sie noch eine Reihe weiterer Jahre dort als Köchin und Verantwortliche für den Haushalt. Zur Feier ihres 90. Geburtstags schrieb sie:
„Mein Schaukelstuhl wartet geduldig,
Irgendwann wird er mir freundlich zu Dienst sein,
Aber ich danke dir, o Gott, von ganzem Herzen,
Dass ich erst 90 Jahre alt bin!“
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Foto: Sr. Phyllis Carpenter, SAC
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